2012 war das Jahr in dem mir zum ersten Mal bewusst wurde, dass für mich Ringjonglage nicht nur ein schönes Hobby bleiben sollte, sondern dass ich mein Leben mit zeitgenössischem Zirkus als Kunstform verbringen möchte.
Zu dem Zeitpunkt war ich an der Universität, wollte Englischlehrerin werden und hatte bereits eine Sportprofessorin an meiner Seite, die mir jeden Tag Zutritt zur Sporthalle ermöglichte, sodass ich dort trainieren konnte. Anfang des Semesters schaute ich auf den Hallenplan und wählte meine Seminare so aus, dass sie nicht in der Trainingszeit lagen. Ich verbrachte fast jedes Wochenende auf Jonglierfestivals in Deutschland und Österreich, primär, um zu trainieren und Shows zu sehen.
Bei einem dieser Festivals lernte ich einen Jongleur aus Frankreich kennen, der mich einlud, ihn in der Zirkusschule in Lille zu besuchen. Er war so begeistert von meinem Können, dass er mich für eine Schule begeistern wollte. So kam es, dass ich eine Woche lang mit ihm zur Schule ging und einen Workshop besuchte. Eine Woche, die mein Leben veränderte. Der Moment, in dem es „Klick“ machte, wird mir wohl für immer im Gedächtnis bleiben. Eine Improvisation zur Musik. Ich, alleine auf der Bühne, zu einem Lied, das ich mir selbst ausgesucht hatte. Kurz bevor ich begann, wurde mir ins Ohr geflüstert: „Konzentriere dich darauf, dass du existierst. Was möchtest du mit uns teilen?“ So steckte ich all meine Emotionen, all meine Liebe in die Jonglage und meine Bewegungen. Ich spürte es, machte mich verletzlich, war einfach ich anstatt zu versuchen, anderen zu gefallen. Das Feedback zur Impro: « Je m’en fou de ta technique, mais tu m’as touché au fond. » „Deine Technik ist mir egal, aber du hast mich tief im Innersten berührt.“
Diese 5 Minuten sind der Grund, warum ich nun eigene Stücke kreiere und mit Herzblut und vollster Überzeugung auf der Bühne stehe. Eine Zirkusschule kam aus mehreren Gründen nicht in Frage, daher zog ich 2015 ein paar Tage nach meiner letzten Uniprüfung nach Berlin. Seitdem besuche ich zahlreiche Workshops, meistens in Dingen, die ich nicht so gut kann. Ich sorge dafür, dass ich aus meiner Komfortzone raus muss, um zu wachsen.
Meine Liebe zur Anglistik, zur Kulturwissenschaft, Literatur und Sprachen bewährte sich schließlich auch, denn seit 2019 schreibe ich meine eigenen Texte im Spoken Word Bereich. So kam es dazu, dass ich während er Pandemie I Was Told. kreierte.
Es gibt viele Menschen, die mich auf dem Weg dorthin unterstützten, die an mich glaubten, auch wenn mir mal Zweifel kamen oder es schwierige Momente gab. Der Gedanke an diesen Schlüsselmoment schafft es jedoch auch heute noch, mich daran zu erinnern, was ich an diesem Beruf liebe und warum ich performe.